Am Swiss Forum Agro Food ging es um Trends zur Ernährung und präventive Massnahmen gegen das zunehmende Unwettergeschehen in der Schweiz. Vor 300 Gästen aus der Agrar- und Lebensmittelbranche gab es im Konferenzsaal der Bern Expo aus verschiedenen Perspektiven Input.
Gesundheitsbewusstsein nimmt zu
Ein wesentlicher Trend ist die enge Verzahnung von Ernährung und Gesundheit. In der breiten Bevölkerung hätten das Wissen und Bewusstsein hierzu stark zugenommen, erläuterte Nestlé-CEO Mark Schneider. «Diese Entwicklung beobachten wir sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern», sagte er. Zweifelsohne sehe man grosse Chancen, in diesem Segment zu wachen. Und genau diese Märkte würden insofern relevanter werden, da die grossen Wirtschaftsmärkte zunehmend mit einer alternden Bevölkerung konfrontiert seien. Die mittleren und älteren Bevölkerungsgruppen hätten andere Bedürfnisse als jüngere Menschen, so Schneider: «Das Bewusstsein, dass Ernährung zu einer verlangsamten Alterung beitragen kann, hat sich stark verbreitet.» Dabei gehe es nicht nur um eine verlängerte Lebensspanne, sondern auch um längere Produktivität, Mobilität und Lebensqualität. Jährlich launche Nestlé weltweit 3.000 Produkte, die diesem Trend in Teilen entsprächen.
In den Überlegungen der Produktenwicklung spielen die Themen Halten oder Erreichen eines angemessenen Körpergewichts, Vermeiden von Mangelerscheinungen sowie ausgleichende Zufuhr von Proteinen eine tragende Rolle. Auch der Einsatz von Zucker sei ein Thema, so Schneider. Es gehe jedoch keinesfalls darum, Zucker zu verteufeln. «Es wäre ein Fehler, all unsere Produkte nur unter dem Aspekt der Gesundheit zu betrachten. Genuss ist untrennbar mit Ernährung verbunden», konstatierte Schneider. Bemerkenswert sei, dass der Wissensstand der Konsumierenden zur nachhaltigen Ernährung sehr gering sei und keine prioritäre Rolle einnehme.
1,7 Milliarden pro Jahr in der Entwicklung
Das Forschungs- und Entwicklungsbudget bei Nestlé beträgt 1,7 Milliarden Franken. 60 % des Volumens bringt der Lebensmittelriese in der Schweiz ein, unter anderem im Nestlé Research Center in Lausanne. Wichtig sei, Wünsche der Konsumierenden in den jeweiligen Ländern zu berücksichtigen. Diese könnten stark differieren. «Es ist unerlässlich, mit lokalen Entwicklern zu arbeiten», sagte Schneider.
Nachhaltigkeit steht oben auf der Agenda von Nestlé. Ziel ist es, bis 2050 Nettonull-Emissionen zu erreichen. Als positives Beispiel nannte Schneider die Milchwirtschaft. «Milchprodukte sind für uns von grösster Bedeutung. Es sind einige Projekte am Laufen, die den Treibhausgasausstoss reduzieren. Die Höfe, die dazu am meisten beitragen, liegen in der Schweiz.» Diese Erkenntnisse adaptiert und überträgt Nestlé auf andere Märkte. «Wir bauen stark auf das Know-how der Schweizer Landwirtinnen und Landwirte.»
Urs Riedener: So hält sich Milch in Zukunft
«Mit Tradition und Innovation haben wir eine hervorragende Ausgangslage: Und die Ausgangslage heisst Milch», sagte Urs Riedener, Verwaltungsratspräsident von Emmi. Genuss komme noch immer an erster Stelle: «Wenn’s nicht schmeckt, isst man es nicht.»
Die Esskultur verändere sich aber, betonte Riedener. Neue Technologien in der Industrie wie Precision Fermentation oder Cultured Meat, neue Strömungen aus der Gastronomie, der emotionale und soziale Nutzen von Lebensmitteln für die Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Politik mit neuen Vorgaben beeinflussen laut Riedener diese Esskultur(en).
Wachstumsfelder identifizieren
Wichtig für Emmi sei es, nicht zu stark auf Modetrends zu setzen, sondern die Growth Fields, also die Wachstumsfelder, zu identifizieren. Als solche Felder, in denen Emmi die entsprechenden Produkte anbietet, sieht Riedener unter anderem Holistic Health (Energy Milk Double Zero), Casual Food (I’m your Meal), New Coffee Experiences (Caffé Latte), pflanzenbasierte Alternativen (Caffé Drink) oder Green Power (PET-Flaschen). «Make the trend your friend» – «Mache den Trend zu Deinem Freund», ist das Motto bei Emmi.
Bezüglich pflanzenbasierter Drinks hob Riedener hervor, dass sich die Milch davor in keiner Art und Weise verstecken müsse und insbesondere betreffend Nährstoffe und Aufnahme der Proteine im Körper Vorteile aufweise. Das zeige sich auch darin, dass weltweit der Milchkonsum steige. «Die Welt hungert nach Proteinen, die gut im Körper aufgenommen werden, so wie sie in Milch und Milchprodukten verfügbar sind.»
«Food wird heute inszeniert»
Um von den Trends zu marktreifer Innovation zu kommen, gebe es aber viele Hürden. «Die Trenderkennung ist nur ein kleiner Teil des Ganzen», sagte Riedener. Die Frage sei, wie man daraus ein Wertschöpfungsmodell erstelle. Bei Emmi werden solche Trends mehrmals pro Jahr beurteilt. «Wir haben auch schon Dinge verpasst, an die wir nicht glaubten, die aber anderswo dann erfolgreich waren», räumte Riedener ein. Es komme auch oft zu Flops. Riedener sieht das nicht negativ, denn er ist überzeugt, dass Dinge gewagt und probiert werden müssten, um vorwärtszukommen.
In Bezug auf Nachhaltigkeit hob Riedener das Projekt «KlimaStaR Milch» hervor. «Damit wollen wir Fakten schaffen, was die Klimafolgen von Milch angeht», so Riedener. Und auch wenn die Milch klar besser dastehe als oft gedacht oder geschrieben, müsse sich die Branche auch verbessern, wenn die Fakten vorlägen. Das Fazit von Riedener: «Milch hat Zukunft, wenn alle daran Freude haben und wir uns nach den Wünschen der Konsumentinnen und Konsumenten richten.»
Mit Prävention gegen ungewollten Unwetter-Trend
Auch die Mobiliar mit CEO Michèle Rodoni setzt auf ökologische Nachhaltigkeit und betont, dass sich die Risiken verändert hätten. Während vor 200 Jahren Feuer die grösste Gefahr darstellte, sind es heute die häufigeren Extremwetterereignisse. Aufgrund des Klimawandels kommt es häufiger zu Starkregen, Hagel und Frost. Rodoni sieht in der Prävention von Naturgefahren einen wichtigen Hebel und unterstützt deshalb entsprechende Projekte. Als Beispiel nennt sie die Idee von Schwammstädten. In den meisten Städten können heute starke Niederschläge nicht vom Boden aufgenommen werden. Schwammstädte sind so gebaut, dass sie grosse Wassermengen aufnehmen können. Investitionen in die Prävention seien wichtig, um «Risiken klein und die Prämien zahlbar zu halten», so Rodoni.
Digitalisierung als Mittel zum Zweck
Das gilt auch im Bereich der Digitalisierung. Mit einem Projekt der Versicherung können KMU auf spielerische Weise sensibilisiert werden, ihr Unternehmen besser vor Cyberangriffen zu schützen. Diese können in der Landwirtschaft beispielsweise problematisch werden, wenn Melkroboter deaktiviert werden. In solchen Fällen müssen die Landwirte innerhalb kürzester Zeit einen Notmelkstand organisieren, was nicht immer einfach ist.
Die Mobiliar bietet auch Versicherungen für die Landwirtschaft an, ein Bereich, in dem weltweit viele Projekte im Rahmen von Public-Private-Partnerships (PPP) durchgeführt werden. In der Schweiz beteiligt sich der Bund künftig im Rahmen einer Anschubfinanzierung mit bis zu 30 % Prämienverbilligungen an bestimmten Ernteversicherungen. Aktuell sind global 80 % der Ernteversicherungen in PPP eingebunden. Zwischen 2016 und 2022 ist der Anteil der versicherten Ernteflächen weltweit von 27,7 % auf 40,8 % gestiegen.
"Das Bedürfnis nach Deckung im Schadenfall ändert sich nie, aber die Risiken ändern sich."
Michèle Rodoni
CEO Mobiliar
Könnten wir in die Zukunft blicken, wäre unsere Gegenwart vielleicht eine andere. Doch die Zukunft ist ungewiss, folglich müssen wir uns mit Trends beschäftigen, um Strategien abzuleiten und auf ändernde Voraussetzungen vorbereitet zu sein. Digitalisierung, Individualisierung, Urbanisierung, Gesundheit und die Alterung der Gesellschaft sind bekannte Trend-Themen. Ursachen für Mega-Trends können Wertewandel, neue technologische Innovationen, Klimawandeloder Bevölkerungswachstum sein.
Trends beeinflussen den Konsum
Trends beeinflussen Produktions- und Konsumverhalten. Gerade in der Land- und Ernährungswirtschaft ist das Aufspüren und Deuten von Trends wichtig. Monitoring, Datenerhebungen, Experteninterviews und Marktumfragen helfen, Trends zu erkennen und zu verfolgen. Ein Beispiel: Der steigende Wunsch der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten nach gesunder und nachhaltig produzierter Nahrung beeinflusst die landwirtschaftliche Produktion. Der Sektor reagiert mit Anpassungen wie ökologischer Bewirtschaftung und tierfreundlicher Haltung.
Frühzeitig Trends erkennen.
Der Schlüssel zum Erfolg im dynamischen Umfeld der Land- und Ernährungswirtschaft liegt im frühzeitigen Erkennen von Trends und der Anpassungsfähigkeit, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden. Ein solides Verständnis und Erkennen aufkommender Trends ermöglicht es Unternehmen und Organisationen, besser zu reagieren und Lösungen zu entwickeln, um den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten gerecht zu werden und gleichzeitig die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu bewältigen
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